Haushaltsrede 2008

Rede zum Haushalt 2008 am 5.11.2007

Karl Synek für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Passauer Stadtrat

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Was in der Umweltpolitik richtig ist, gilt auch für den Haushalt. Mit begrenzten Ressourcen müssen wir schonend umgehen. Wir können nicht nur immer mehr Geld ausgeben, sondern wir müssen vor allem das Geld intelligenter investieren. Ich werde dazu jetzt drei Beispiele nennen; als erstes den Klimaschutz:

Das größte Potential liegt hier im Bereich der Energieeinsparung. Alleine für die städtischen Gebäude geben wir zur Zeit rund 800.000 € für Heizkosten pro Jahr aus und deshalb lohnt es sich hier besonders, dass wir uns ehrgeizige Ziele setzen. Es reicht eben nicht, dass wir uns um Energieeinsparung nur bemühen, nein, wir brauchen zum einen ganz konkrete Zielvorgaben und vor allem den politischen Willen, um diese auch zu erreichen. Das gleiche gilt im besonderen Maße auch für die städtische Tochtergesellschaft WGP mit ihren 1.700 Wohnungen. Hier wird der Sanierungsplan zwar abgearbeitet, aber kein einziges Haus wird z.B. nach einem Niedrigenergiestandard ausgebaut. Wir haben das schon oft gefordert und Ihre Weigerung dieser Forderung nachzukommen ist für die Mieter deshalb ärgerlich, weil ihre laufenden Mietzahlungen praktisch für andere Gesellschaftszwecke verwendet werden. Ich spreche da von ca. 1 Mio € pro Jahr.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich doch noch einmal daran erinnern, dass in den letzten Jahren etwa 10 Mio € Mietergeld in der Fusion GGP/WAP und in eine Erbbaurechtsablösung aufgegangen sind. Mit diesem Geld hätten wohl an die 15 bis 20 Miethäuser optimal wärmegedämmt werden können. Der laut Wirtschaftsplan erwartete und viel gepriesene Gewinn bei der WGP kommt übrigens nur zustande, weil Anlagevermögen in großem Umfang verkauft wird.

Ein zweites Beispiel für eine intelligente Investition ist die Förderung der Jugend in der Stadt Passau. Speziell die Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren werden vernachlässigt. Trotz Zeughaus, Tabakfabrik, einigen Bolzplätzen und diversen Vereinsangeboten gibt es noch eine große Zahl von Jugendlichen, für die unsere bisherigen Angebote nicht reichen. Mit ein wenig mehr Investitionen, vor allem im Personalbereich und in der Schaffung von Örtlichkeiten könnte für unsere Stadt nicht nur eine sofortige Verbesserung erreicht werden, sondern wir würden uns auch zukünftige Sozialausgaben in erheblichem Umfang sparen. Leider wurde erst letzten Monat ein entsprechender Antrag unserer Fraktion von der selbst ernannten Gestaltungsmehrheit aus CSU, FDP und FWG abgelehnt.

Ich will noch ein drittes Beispiel nennen. Alle sprechen zur Zeit von Bildung. Aber was kann eine Kommune auf diesem Sektor schon groß machen? Einige Kolleginnen und Kollegen waren neulich in Linz. Dort hat die Stadt einen so genannten Wissensturm errichtet. Unter dem Begriff “Lebenslanges Lernen fördern” engagieren sich immer mehr Städte. Insbesondere etwas bildungsferneren Personen sollen damit frühzeitig Weiterbildungsmöglichkeiten ohne Hemmschwellen angeboten werden. In so einem Haus könnte z.B: im Erdgeschoß eine Bibliothek, im 1. Stock ein mediales Selbstlernzentrum, im 2. Stock das Kreativ- und Bewegungszentrum, im 3. Stock das Sprachenzentrum usw., usw. untergebracht sein. Die VHS, die Europabücherei und die Medienzentrale vereint in einem Stadthaus als Netzwerk in der Erwachsenenbildung wären mir allemal lieber, als der KVV-Turm mit Geschäften, Büros und Praxen. Wir brauchen die Möglichkeit eines zweckfreien Lernens, wir brauchen Umweltbildung und politische Bildung in einer Stadt wie Passau. So ein modernes Bildungszentrum würde unsere Position als kulturelles Oberzentrum jedenfalls mehr fördern als ein Konzerthaus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese drei Beispiele zeigen eine andere Stadtentwicklung auf, als die von vielen von Ihnen angestrebte. Die Mehrheit aus CSU, FWG und FDP setzt in erster Linie auf Investitionen in Asphalt und Beton. Ob eine Rechtsabbiegespur in der Danzigerstraße mit Gesamtkosten von ca. 500.000 €, die neue Bahnunterführung in Thann mit 3,1 Mio €, oder die angedachte Donaubrücke mit einer finanziellen Belastung für die Stadt von vielen weiteren Millionen – immer wieder steht das Auto im Mittelpunkt aller Ihrer Überlegungen. Wie Sie wissen, haben wir ein anderes Verständnis von klimaschonender Mobilität. Wir erwarten von einer modernen Stadtplanung, dass sich die Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger verbessern und wir erwarten eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs. In diesem Zusammenhang erlauben Sie mir eine Bemerkung zu den Stadtwerken. Deren Geschäftspolitik in Sachen ÖPNV sieht seit Jahren so aus: Bei ungeraden Jahreszahlen wird das Angebot verschlechtert und bei den geraden Jahreszahlen werden die Buspreise erhöht. Diese eigenwillige Geschäftsidee ist ohne Aussicht auf Erfolg. Im übrigen kann ich den Unwillen der Bürgerinnen und Bürger über die Erhöhung der Strompreise schon verstehen, wenn sie sagen, dass sie solche Flops wie das Balineum oder eine gigantische Werbekampagne nicht über ihre Gebühren zahlen wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Event-GmbH machen.

Bei dem vor einem Jahr abgeschlossenen Sale-and-Lease-Back-Verfahren gibt es einen eindeutigen Gewinner. Das ist die OÖ-Landesbank, die eine risikolose Kapitalverzinsung von grob geschätzt 8,5 % für nahezu 30 Jahre einstreicht. Da kann man nur sagen: Wohl dem, der eine Bank hat und mit der Event Geschäfte macht. Und die so genannte Gestaltungsmehrheit segnet das alles ab und verlangt immer noch mehr Geld für die Event-GmbH.

Nun aber zum eigentlichen städtischen Haushalt. Nachdem wir im vorigen Haushalt das Märchen von der “Schwarzen Null” erzählt bekamen, hören wir heute gar etwas von Schuldentilgung . Auch diese Behauptung wird nicht eintreten, da sich erstens die ersten Wolken am Konjunkturhimmel zeigen und weil zweitens, unsere Pflichtausgaben im Sozialbereich erhöht werden müssen. Der bisher im Haushaltsplan angesetzte “Netto-Überschuss” von 148.000 € fordert mich zu folgendem allgemein verständlichen Vergleich heraus:

Bis zum Jahr 2003 kam eine Familie mit dem Monatseinkommen des Vaters so recht und schlecht über die Runden. Die Familie musste deshalb Schulden in Höhe von 10.000 € aufnehmen. Ab dem Jahr 2004 steigerte sich erfreulicherweise des Einkommen des Vaters kontinuierlich um 35 % , sagen wir z.B. von 2.000 € auf 2.700 €. Die Frau meint deshalb zu ihrem Mann: Es wäre an der Zeit, dass du nächstes Jahr anfängst die Schulden von 10.000 € zu begleichen. Der Mann ist einverstanden und er sichert seiner Frau zu, nächstes Jahr 9,50 € zurück zu zahlen. Das liebe Kolleginnen und Kollegen ist umgerechnet die lächerliche Sparleistung dieses Haushalts. Wer glaubt, dass das einen Oberbürgermeister zum Sparkommissar macht, der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet.

Seit Amtsbeginn von OB Zankl haben sich die Schulden um 10 Mio € erhöht. Wenn ich die Grundstücksver- und Grundstückszukäufe noch dazu saldiere, dann hat das Vermögen der Stadt sicher noch einmal um weitere 5-7 Mio € abgenommen. Jetzt sagen einige: Was stören uns die Schulden? Kein Bürger wird je zur Haftung herangezogen. Und sie haben recht. Mich stören die Schulden nur deshalb, weil wir dafür Zinsen zu zahlen haben. Im Jahre 2007 zahlen wir 8 Mio € Zinsen und 6,2 Mio € Tilgung. Zusammen sind das 14,2 Mio €. Das bedeutet: Die Stadt Passau bezahlt täglich Finanzierungskosten von sage und schreibe 38.900 €! Was könnten wir mit diesem Geld alles machen, anstatt es den Banken in den Rachen zu werfen.

Das ist der Grund dafür, warum wir Grünen einen Stadtratsbeschluss zur Haushaltskonsolidierung herbei führen wollten. Wie notwendig ein solcher ist, zeigen folgende Zahlen:

Obwohl die Steuereinnahmen in den drei Jahren 2005-2007 um 40 Mio € höher als geplant waren, haben wir zusätzlich 6 Mio € neue Schulden aufgenommen. Wenn es da schon ein Verdienst sein soll, dass alles noch viel schlimmer sein könnte, dann ist das allenfalls eine schlechte Ausrede. Wir drängen seit Jahren auf wirkliche Sparsamkeit und wir stimmten z.B. heuer gegen den Mehraufwand für den Klostergarten von 2 Mio € auf 2,6 Mio €, in welchem alleine für den Brunnen unbegreifliche zusätzliche 470.000 € enthalten sind und wir stimmten auch ganz unpopulär gegen eine Ausgabe von 350.000 € in Zusammenhang mit der Eishalle.

Die Vorlage eines vorläufig ausgeglichenen Haushalts 2008 erfüllt nicht seine Aufgabe. Die Herausforderung, Schulden in Millionenhöhe abzubauen, wird wieder nicht wahrgenommen. Sparen bedeutet für uns Grüne jedoch nicht nur Kürzen und Streichen, sondern Reformen anzupacken. Das kann eine Verwaltungsreform, eine Reform der Zweckverbände und vor allem eine der GmbHs sein. Nur, damit wir uns nicht falsch verstehen: Keine Reform ist der Weiterverkauf von städtischen Wohnungen oder von Anteilen an den Stadtwerken. Die Bürgerinnen und Bürger Passaus wollen im Prinzip nichts anderes als wir. Es soll ihnen gut gehen, aber auch noch ihren Kindern und Enkelkindern, und es soll gerecht zugehen. Der sparsame Umgang mit Haushaltsmitteln und der Einsatz von Fördergeldern sollte auf Grundlage einer zukunftsorientierten Stadtentwicklung erfolgen. Passau muss sich sowohl seiner Chancen als auch seiner Grenzen bewusst sein.

Eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollte ich hiermit meine Rede zum Haushalt schließen,

aber da fiel mir das neue CSU-Grundsatzprogramm noch in die Hände. Da heißt es auf Seite 32 wörtlich:” Kommunen haben sich in früheren Jahren in zu hohem Umfang durch neue Schulden finanziert. Für den Gegenwartskonsum dürfen keine Schulden gemacht werden, weil sie weitere wachsende Zinslasten bedeuten. Es ist unmoralisch, wenn diese Kosten von heute den Generationen von morgen aufgebürdet werden. Auf Dauer muss gelten: Tilgung der Schulden, weniger Zinsen, mehr Gestaltungsfreiheit für die Zukunft”. Diesen Aussagen im Grundsatzprogramm der CSU kann und will ich ausnahmsweise nicht widersprechen, denn ich vermute, sie sind vom Grundsatzprogramm der Grünen abgeschrieben.

Der vorgelegte Haushaltsentwurf für des Jahr 2008 erfüllt jedoch diese Erwartungen in keiner Weise. Die Fraktion der Grünen wird aus den vorher genannten Gründen den vorliegenden Antrag ablehnen und eigentlich müssten Sie von der Fraktion der CSU dasselbe tun.

Karl Synek

– es gilt das gesprochene Wort –